TENHI – Valkama
 
Label: Prophecy Productions
Release: 22.05.2023
Von: Dajana
Punkte: 8/10
Time: 70:10
Stil: Dark Folk
URL: Tenhi
 

Man hätte meinen können, TENHI haben sich über die Jahre stillschweigend aufgelöst. Aber nein, haben sie nicht. Zum Glück! TENHI haben sich nur noch mehr Zeit gelassen. Viel mehr Zeit. Zwölf Jahre sind seit dem letzten und so wunderbaren Album Saivo vergangen. Und doch hat sich, subjektiv betrachtet, gar nicht so viel geändert. Nicht einmal die Lauflänge der Alben ;)

Dem Infoschreiben nach, war das sechste Album der Finnen einst anders konzipiert und wurde dann von der Realität ein- und überholt. Gut, so etwas kann bei einer Entstehungszeit von ungefähr 10 Jahren schon mal passieren. TENHI sahen sich jedenfalls dazu veranlasst, das Album konzeptionell neu aufzustellen. Wie Valkama ursprünglich klingen sollte, bleibt derweil verborgen. Vielleicht gibt es ja irgendwann einmal "Erstaufnahmen" zu diesem Album als Bonus in einer Box oder Sonderedition.

Wie Valkama 2023 klingt, entfaltet sich auf einer 70-minütigen Reise aus dem Reich der Toten (Saivo) in den Hafen der Zuflucht (Valkama). Wobei direkt die ersten Töne des Openers Saattue so unglaublich vertraut klingen, als wären TENHI nie weg gewesen. Als wäre man nie auf eine Reise gegangen, weil man längst angekommen ist und nun auf der Mole sitzt und sehnsüchtig in die Ferne schaut. Natürlich reflektiert auch Valkama noch immer die tiefe Melancholie der Finnen, eine Melancholie, in die man sich ganz wunderbar hineinfallen lassen und sich sogar verlieren kann. Dennoch hat Valkama eine weniger düstere Atmosphäre, ist lebhafter, wärmer und verbreitet sogar ein paar positive Vibes.

Saattue, der Titeltrack und Hele sind mit üppigen Streicherarrangements schon beinahe orchestral instrumentiert und entwickeln somit einen eher Soundtrack-artigen Charakter. Puristische Folklore-Songs gibt es mit Kesävihanta' und Rannankukka, wobei letzterer dezent dissonant daherkommt und sich fast schon wie ein Fremdkörper anfühlt.
Rintamaan wiederum ist sehr perkussiv, wird von Flöten begleitet und hat somit etwas Schamanistisches an sich, etwas Weites und Offenes, als würde man durch ausgedehnte Steppen wandeln.
In der Mehrheit der Songs finden sich breitgefächert eingesetzte Streichinstrumente, eher wuchtige Pianopassagen und Percussions, natürlich akustische Gitarren, sowie Flöten und Schellen-Instrumente, bis hin zum vollen Schlagzeug-Sound. Manche Instrumente werden hier und da auch mal in den Vordergrund gerückt und übernehmen den Lead-Part, dennoch ist die Instrumentierung gewohnt minimalistisch und immer wieder unterlegt mit Ambient-artigen Soundkollagen, während Chöre gelegentlich Akzente setzen. Insgesamt also eine gewohnte Herangehensweise beim Aufbau, Struktur und Instrumentierung des Albums, wie man es eben von TENHI auf ihren bisherigen Veröffentlichungen gewohnt ist. Das ändert nichts daran, dass sich auch auf Valkama so manche Melodie regelrecht in die Gehörgänge frisst und man sich hinterher immer wieder dabei ertappt, wie man diese vor sich her summt.
Mit Paula Rantamäki gibt es eine weibliche Gaststimme. Zunächst fast überhörbar im Hintergrund von Kesävihanta', dafür um so prägnanter im abschließenden Track Aina sininen aina.
Über allen schwebt immer noch die wunderbare, sonore und beruhigende Stimme von Tyko Saarikko, der die finnischen Texte fast schon im Sprachgesang interpretiert. Wie würde wohl eine Buchlesung mit ihm klingen?

Valkama lässt innehalten vom täglichen Gewusel, schenkt innere Ruhe, wenn man sich darauf einlässt. Man muss sich Zeiten nehmen für dieses Album, wie für jedes TENHI Album. Und weil man sich so schnell in den Melodien verliert, muss man sich das Album auch einige Male mehr anhören. Das mag bei der Laufzeit ein bisschen herausfordernd sein, aber es ist es wert! Valkama ist wie eine Flucht nach innen, eine Insel des Friedens und der Entspannung, eine Meditation der ganz besonderen Art. Großartig!