WARRIOR SOUL – Stiff Middle Finger

 
Label: Livewire
Release: 16.11.2012
Von: Dajana
Punkte: 7/10
Time: 49:37
Stil: Rock
URL: Warrior Soul
 
Mit WARRIOR SOUL schafft es eine zweite, zu meinen absoluten Lieblingen und Alltime-Faves gehörende Band, mir mit ihrem neuen Album ziemliches Unbehagen zu bereiten.
Auf dem ersten Blick ist Stiff Middle Finger ein grandioses, old school WARRIOR SOUL Album, mit einer rohen, rotzigen Garagen-Produktion, welche ein ungemein gutes und authentisches Gefühl versprüht und Erinnerungen an die vergangenen ach so tollen Zeiten heraufbeschwört. Dazu die kaputte charismatische Stimme von Kory Clarke, der sich wie üblich, total angepißt, über ungerechte, korrupte und korrumpierende Konzerne und Regierungen sowie Nazigesocks ausläßt. Stiff Middle Finger ist pure Energie und zeigt der Welt, ganz dem Titel nach, den Stinkefinger. Man möchte die Lautstärke bis Anschlag aufdrehen und alles in Grund und Boden rocken.
Auf dem zweiten Blick jedoch, bedient sich Kory Clarke recht auffällig an seinem eigenen Backkatalog und läßt hier alles einfließen, was WARRIOR SOUL seinerzeit ausgemacht und der Band jenen Kultstatus beschert hat. Dabei klaut er sowohl bei den WARRIOR SOUL Klassikern, aber auch bei den Space Age Playboys und Mob Research.
Die ersten vier Songs des Albums machen höllisch Spaß und treten ordentlich den Allerwertesten. A Drink To All My Friends hat anschließend ein sehr charmantes aber aufdringliches Riffing und ist generell ein cooler Partysong für und auf die Fans. Aber hier fehlt es schon an Biß. Dann folgt mit 2012 ein düsterer, Industrial-lastiger Track. Nicht das der stilistische Mix schlecht wäre, er paßt nur so gar nicht ins Konzept. Ich nehme das mal als Hommage an Mob Research und Paul Raven. Überhaupt gibt es auf Stiff Middle Finger den einen oder anderen neuen Aspekt, wie zum Beispiel der Einsatz von flächigen Keyboards in A Drink To All My Friends, oder das abschließende semi-akustische Light Your Bonfires mit seinem dezent experimentellen, dronigen Sound. Sehr intensiv. Mag ich.
Die Tracks der zweiten Hälfte von Stiff Middle Finger unterscheiden sich qualitativ von der ersten Hälfte. Man hat das Gefühl, hier Songs aus einer völlig anderen Session zu hören. Darüber hinaus sind die Backingvocals bei Sparkle Baby und insbesondere bei Rubicon ziemlich schräg und disharmonisch. Nette Idee, miese Umsetzung.
Generell gibt es viele Schwankungen in der Aussteuerung und dem Sound. Mal sind die Gitarren zu aufdringlich im Vordergrund, dann fehlt der Bass oder geht der Gesang unter. Als hätte man alles ohne finalen Mix auf die CD geklatscht. Das mag beabsichtigt gewesen sein, um das obenerwähnte authentische Gefühl zu erzeugen, klingt aber eher nach einer übereilten Demoproduktion.
Da steh ich nun und bin hin- und hergerissen. Da möchte ich mit einer lässigen Bewegung all die Unzulänglichkeiten hinweg wischen und kann doch nicht aus meiner Haut, weil ich weiß, daß Stiff Middle Finger auch noch viel besser und großartiger hätte sein können.